Herr Lorenz, was ist das Besondere an den Frankfurter Wochenmärkten?
Die Frankfurter Wochenmärkte sind nach wie vor fester Bestandteil des urbanen Lebens und des städtischen Handels. Sie erfreuen sich großer Beliebtheit bei Bürgern und auswärtigen Kunden, sodass die Besucherzahlen insgesamt stabil bleiben. Frankfurt unterscheidet sich von den umliegenden Städten durch seine dezentral organisierte Marktstruktur mit 18 Wochenmärkten, die über das Stadtgebiet verteilt sind. Insgesamt verfügen die Märkte über rund 500 Standplätze mit circa 250 Betrieben und beschäftigen mehr als 1000 Menschen. Damit sind die Märkte ein wichtiger Wirtschafts- und Beschäftigungsfaktor.
Welche nennenswerten Veränderungen haben sich auf den Wochenmärkten in jüngster Vergangenheit ergeben?
Auch die Frankfurter Wochenmärkte haben während der Coronapandemie eine Blütezeit erlebt, da das Einkaufen im Freien in dieser Zeit attraktiv
war und gleichzeitig das Interesse für gesunde Ernährung wuchs. Infolgedessen verzeichneten Wochenmärkte als Verkaufsstellen regionaler Pro-
dukte ein beachtliches Umsatzwachstum. Auf Stadtteilebene lässt sich jedoch eine differenzierte Entwicklung beobachten: Die Innenstadtlagen verloren in der Pandemiezeit massiv an Kundenfrequenz, während die Stadtteilmärkte an Kundschaft und Umsatz zulegten. Nach Ende der Einschränkungen hat sich der Stand wieder auf das Vor-Corona-Niveau eingependelt, sodass die Stadtteilmärkte von dem positiven Trend langfristig nur wenig profitiert haben.
Warum kaufen Menschen so gern auf Wochenmärkten ein?
Die Wochenmärkte in Frankfurt sind im 12. Jahrhundert als Verkaufsstätten für frische Lebensmittel unter freiem Himmel entstanden – eine Tradition, die bis heute währt. In den vergangenen Jahren haben sie sich zudem, vor allem in zentralen Lagen, als Treffpunkt- oder Identifikationsfaktor etabliert. Dieser Trend spiegelt sich in den aktuellen Statistiken wider. Laut eigenen Befragungen ist die Versorgungsfunktion mit rund 45 Prozent noch am stärksten vertreten, gefolgt von der Gastronomie mit 30 Prozent sowie sozialen Funktionen wie Verweilen, Bummeln und Leute treffen mit etwa 25 Prozent.
Wie möchte die Stadt Frankfurt ihre Wochenmärkte weiter verbessern und vermarkten?
Statt einer ausschließlich ordnungsrechtlichen Überwachung benötigen Wochenmärkte ein professionelles Marktmanagement, um diese erfolgreich weiterzuentwickeln. Deshalb ist die Stadt Frankfurt bestrebt, die Aufenthaltsqualität und den Erlebnischarakter beim Einkauf auf den Märkten sowie die Infrastruktur und die Erreichbarkeit zu steigern. Zudem wird ein aktives Marketing betrieben, das sowohl klassische Wege als auch Social Media umfasst. Dazu gehören die Bewerbung der Vorteile des Markthandels, aber auch von Veranstaltungen und Aktionen auf Wochenmärkten. Ein weiteres wichtiges Aufgabengebiet ist Imagebildung und Verbandsarbeit. Die Frankfurter Wochenmärkte sind über die HFM im Verband GFI Deutsche Frischemärkte organisiert, der bundesweit gemeinsam Promotion- und Werbekampagnen durchführt. Eine eigene Wort-Bild-Marke „Frankfurter Wochenmärkte“ soll die Märkte stärker im öffentlichen Bewusstsein verankern.
Welche Rolle spielen die Wochenmärkte in einer Gesamtstrategie zur Aufwertung der Frankfurter Innenstadt?
Erst in jüngster Zeit wurden Wochenmärkte wieder verstärkt als Instrument zur Belebung und Stärkung von Innenstädten und Stadtteilzentren entdeckt. Sie erweitern das Angebot des stationären Handels und ziehen kaufkräftige konsumbewusste Kunden an. Laut Cimamonitor „Deutschlandstudie Innenstadt 24“ fanden knapp 38 Prozent der Bewohner den eigenen Wochenmarkt gut oder sehr gut. Die Bedeutung der Wochenmärkte für den stationären Einzelhandel in den Kernstädten ist mittlerweile unbestritten. Dabei dient der Wochenmarkt als Ergänzung zum Sortiment der Einzelhandelsgeschäfte sowie als Frequenzbringer und Kundenmagnet.
Welche Trends und Entwicklungen zeichnen sich im Wochenmarktgeschehen für die nächsten Jahre ab?
In Frankfurt sind die Marktkunden jünger geworden, weil sich in den vergangenen Jahren viele Familien dem Markt zugewandt haben. Dementsprechend wird die Nähe zu Wochenmärkten zunehmend ein Kriterium bei der Wohnungs- oder Arbeitsplatzsuche. Der Wochenmarkt hat eine Versorgungsfunktion, aber funktioniert verstärkt in Symbiose mit anderen Nutzungen. Die Menschen gehen auf den Markt, aber auch ins Café, shoppen oder ins Kino. Dadurch entstehen Kopplungseffekte. Grundsätzlich ist eine weitere Verschiebung zugunsten der sozialen Funktionen auf Wochenmärkten für die Zukunft zu erwarten.